Ein Beitrag für Mittwoch, 16. Dezember 2020 von Lernvikarin
Janine Schweizer:
O Heiland, reiss die Himmel auf
«Singen
wir noch das Einbrecher-Lied?» -- Lautes Gelächter, alle reden
durcheinander. Kirchengesangbücher werden aufgeschlagen, Seiten geblättert. Die
alten Liedtexte haben wir schon lange nicht mehr gesungen. Die Lautstärke senkt
sich, die erste Strophe wird angestimmt:
O Heiland, reiss die Himmel auf,
Herab, herab, vom Himmel lauf,
Reiss ab vom Himmel Tor und Tür,
Reiss ab, wo Schloss und Riegel für!
Wir
müssen das Lied unterbrechen. Mein Onkel lacht Tränen, ausgelöst durch die
lebendigen Bilder, und steckt uns alle damit an. In seinem Beruf als Schreiner
gehören das Aufbrechen und Reparieren von Schlössern und Türen zum
Tagesgeschäft. Doch alleine ist er damit offenbar nicht. Der Heiland
höchstpersönlich weiss Tor und Tür, Schloss und Riegel abzureissen. Handfest
mitanzupacken. Einzubrechen in unsere Zeit. Mensch zu werden und Menschen zu
begegnen.
Der
Liedanfang bezieht sich auf einen Ruf Jesajas: Gott solle den Himmel
zerreissen. Dahinter steht die Vorstellung, dass ein Tor uns den Zugang zum
Himmel verschliesse. Gleichzeitig sprechen die Prophetinnen und Propheten des Ersten
Testaments die Hoffnung aus, dass Gott dieses Tor zwischen Himmel und Erde
durchbrechen wird.
Wer
hätte gedacht, dass dieser Einbruch in die Welt durch ein Kind geschieht?
«Lasst
uns noch die restlichen Strophen singen!» Die ausgelassene Stimmung weicht
einer ruhigen Ernsthaftigkeit. Wir tauchen ein in die starke Bildsprache, die
den Einbruch Gottes in die Welt vergleicht mit Tau und Regen, mit dem Spriessen
des Frühlings, mit Sternenglanz und Sonnenschein.
O Gott, ein' Tau vom Himmel gieß,
Im Tau herab, o Heiland, fließ.
Ihr Wolken, brecht und regnet aus
Den König über Jakobs Haus.
O Erd, schlag aus, schlag aus, o Erd,
Daß Berg und Tal grün alles werd.
O Erd, herfür dies Blümlein bring,
O Heiland, aus der Erden spring.
Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt,
Darauf sie all ihr Hoffnung stellt?
O komm, ach komm vom höchsten Saal,
Komm tröst uns hier im Jammertal.
O klare Sonn, du schöner Stern,
Dich wollten wir anschauen gern;
O Sonn, geh auf, ohn' deinen Schein
In Finsternis wir alle sein.
Hie leiden wir die größte Not,
Vor Augen steht der ewig Tod.
Ach komm, führ uns mit starker Hand
Vom Elend zu dem Vaterland.
Da wollen wir all danken dir,
Unserm Erlöser, für und für;
Da wollen wir all loben dich
Zu aller Zeit und ewiglich.
Welches dieser Bilder spricht Sie
an? Finden Sie es heraus und hören Sie das Weihnachtslied hier in voller Länge:
Lernvikarin Janine Schweizer, Bernstrasse 85, 3018 Bern,
079 788 23 69,